Der Weg zur Einführung einer Kindergrundsicherung, die armen Familien wirklich hilft, ist schwer. Ob sie wirklich 2025 starten kann, ist wegen des Verwaltungsaufwandes noch unklar und das zur Verfügung gestellte Budget von 2,4 Milliarden Euro wird nicht ausreichen, um effektive Verbesserungen zu erreichen und Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen.
Die Regierungsparteien haben sich auf die Einführung der Kindergrundsicherung geeinigt. Damit soll ein wichtiges sozialpolitisches Versprechen aus dem Koalitionsvertrag eingelöst werden. Nachdem es rund um das Projekt viel Streit gab, zeichnet sich ab, dass auch die konkrete Umsetzung nicht reibungslos ablaufen und die neue Leistung zudem deutlich weniger konkrete Verbesserungen für arme Familien enthalten wird als ursprünglich vom SoVD erhofft.
Der nun vorliegende Gesetzesentwurf enttäuscht die an die Kindergrundsicherung gestellten Erwartungen. Nach den derzeitigen Planungen bekämpft sie Kinderarmut nicht effektiv und stellt keine Chancengerechtigkeit her. Da es vorerst auch keine automatisierte Auszahlung durch eine zuständige Stelle geben wird, bleibt der bürokratische Aufwand für viele Familien absehbar bestehen.
Höhe der Unterstützung steigt kaum
Die geplante Kindergrundsicherung setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. Diese sind der neu eingeführte „Kindergarantiebetrag“ analog zum aktuellen Kindergeld, der Kinderzusatzbetrag, der sich zusammensetzt aus den altersgestaffelten Regelbedarfen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) XII und einem pauschalierten monatlichen Bedarf des Kindes für Unterkunft und Heizung, sowie Leistungen für Bildung und Teilhabe. Kindergarantie- und Kinderzusatzbetrag sind unter bestimmten Voraussetzungen bis zum 25. Lebensjahr beziehbar.
Die Höhe der Kindergrundsicherung wird nach Einschätzung des SoVD weiterhin zu niedrig sein, um Armut zu verhindern. Denn die beschlossene „Neudefinition“ des kindlichen Existenzminimums passt lediglich einige Verteilerschlüssel bei der Berechnung der Regelbedarfe an. Generelle Leistungsverbesserungen über alle Altersgruppen hinweg sind nicht vorgesehen.
Schon eine halbe Milliarde Euro ist für den Verwaltungsaufwand eingeplant, 1,88 Milliarden Euro bleiben dann zur Auszahlung an Familien. Die Bundesagentur für Arbeit, konkret der künftige „Familienservice“, soll den Großteil der Kindergrundsicherung administrieren und ist die Hauptanlaufstelle für Familien. Für Mehr- oder Sonderbedarfe bei Grundsicherungsbeziehenden sind aber weiter Jobcenter und Sozialamt zuständig. Der SoVD kritisiert diese Trennung. Seiner Meinung nach müssen gerade Familien in komplexen Lebenslagen entlastet werden, indem sie wissen: Für ihr Kind wird alles an einer Stelle geregelt.
Ein „Kindergrundsicherungs-Check“ soll Berechtigte über ihnen zustehende Leistungen informieren, eine automatische Auszahlung folgt daraus jedoch nicht. Die Familien müssen weiter Anträge stellen.
Verschlechterungen zurückgenommen
Positiv bewertet der SoVD jedoch, dass das nicht zur eigenen Absicherung benötigte Kindes- und Elterneinkommen künftig nur noch zu 45 Prozent auf die Leistungen des Zusatzbetrages des Kindes angerechnet werden darf, statt wie aktuell im Bürgergeld 80 bis 100 Prozent. Wie vom SoVD gefordert profitieren auch Alleinerziehende von der geplanten Regelung, sofern die Unterhaltsleistungen 500 Euro nicht übersteigen.
Der SoVD begrüßt auch Veränderungen im Gesetzentwurf gegenüber dem Referentenentwurf. Neu ist, dass Menschen mit Behinderungen und ihren Familien keine Nachteile aus dem Bezug der Kindergrundsicherung entstehen sollen. Eltern von Kindern mit Behinderungen können auch über deren 18. Lebensjahr hinaus Kindergeld beziehen, ohne dass es beim Kind bedarfsmindernd angerechnet wird.
Impulse zum Ausbau der sozialen Infrastruktur fehlen
Insgesamt fehlen aus Sicht des SoVD im Gesetzentwurf Ansätze zur Stärkung der sozialen Infrastruktur. Der Entwurf gibt keine Antworten zum nötigen Ausbau etwa der Ganztagsbetreuung in Schulen und Kitas. Dies ist umso enttäuschender, da der Entwurf vor allem darauf abzielt, Kinderarmut durch eine steigende Erwerbstätigkeit bei Eltern zu reduzieren.
Für den Verband ist zudem nicht nachvollziehbar, warum die Kindergrundsicherung nicht für Kinder gelten soll, deren Familien Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Der SoVD tritt dieser Zwei-Klassen-Gesellschaft entschieden entgegen und fordert Nachbesserungen.
Die komplette Stellungnahme des SoVD zum Gesetzentwurf ist online abrufbar unter www.sovd.de im Menü „Politik“ und dort unter „Stellungnahmen“.